Behörde sucht Platz für Fahrende

15. Mai 2018

Ab September läuft der Vertrag zur Nutzung des Durchgangsplatzes in Rothenburg aus. Bereits jetzt sucht der Kanton eifrig nach einer neuen Lösung. Solange diese nicht da ist, profitieren Landwirte - so wie aktuell auf dem Littauerberg. Für drei Wochen haben Fahrende aus Frankreich Quartier auf dem Littauerberg bezogen.Vor wenigen Tagen hat sich auf ...

Ab September läuft der Vertrag zur Nutzung des Durchgangsplatzes in Rothenburg aus. Bereits jetzt sucht der Kanton eifrig nach einer neuen Lösung. Solange diese nicht da ist, profitieren Landwirte - so wie aktuell auf dem Littauerberg. Für drei Wochen haben Fahrende aus Frankreich Quartier auf dem Littauerberg bezogen.Vor wenigen Tagen hat sich auf dem Littauerberg eine Gruppe von ungefähr 50 Fahrenden aus Frankreich niedergelassen. Wie Radio Pilatus berichtete, hat ihnen der Besitzer der Wiese die Erlaubnis dazu gegeben. Die rund 30 Wagen dürfen noch bis am 27. Mai dort bleiben. Über den Standort sei der Kanton Luzern erfreut, da er sogar ohne dessen Hilfe gefunden werden konnte. Im Kantonsgebiet mangelt es nach wie vor an Standorten für Fahrende. Derzeit gibt es nur zwei Standplätze, im Gebiet Ibach der Stadt Luzern sowie in Rothenburg. Letzterer ist jedoch nur temporär: Gemäss der Vereinbarung vom Mai 2017 ist der Betrieb noch bis Ende September 2018 geregelt.Wo sich die Fahrenden anschliessend aufhalten können, ist noch nicht bekannt. Kantonsplaner Mike Siegrist, Abteilungsleiter Raumentwicklung beim Kanton Luzern, betont, dass nach einer langfristigen Anschlusslösung gesucht werde: «Zurzeit sind wir daran, die nötigen Abklärungen zu treffen und Gespräche zu führen. Es ist im Moment aber noch nichts spruchreif.» Gute Erfahrungen in Rothenburg In Rothenburg hat man seit der Eröffnung des Platzes vor einem Jahr gute Erfahrungen gemacht: «Im Grossen und Ganzen verlief die Zusammenarbeit mit den Fahrenden positiv. Es gab vereinzelte Ausnahmen, bei denen die Anmeldung auf der Einwohnerkontrolle nicht erfolgt ist - das wird zwingend gefordert», sagt Philipp Rölli, Geschäftsführerder Gemeinde.Auch aus der Bevölkerung habe es keine negativen Rückmeldungen gegeben. Dies liege insbesondere in der Abgelegenheit des Platzes: «Da das Gebiet nicht im Dorf liegt, kamen die Rothenburger nicht direkt mit den Fahrenden in Kontakt.» Trotzdem wird der Durchgangsplatz bald nicht mehr zur Verfügung stehen. «Der Platz gehört zum Bauland des Kantons und soll künftig schrittweise überbaut werden. Der befristete Durchgangsplatz als Zwischennutzung ist nicht ausgeschlossen, entspricht aber nicht der Nutzung, die im Bebauungsplan für künftige neue Bauten vorgesehen ist», so Rölli.Dies bestätigt auch Siegrist: «Der Bebauungsplan Rothenburg Station/Gebiet Ost wird voraussichtlich diesen Frühling durch den Regierungsrat genehmigt. Die Dienststelle Immobilien prüft derzeit verschiedene Nutzungsmöglichkeiten.» Im Zuge dieser Überprüfungen werde sich zeigen, ob und allenfalls welche Zwischennutzungen ab September möglich seien. Für Simon Röthlisberger, Geschäftsführer der Stiftung Schweizer Fahrende, ist klar, dass der Kanton schon bald eine neue Lösung anbieten muss: «Fällt der Platz in Rothenburg weg, gibt es im Kanton Luzem noch genau einen Durchgangsplatz. Das ist eindeutig zu wenig.» In ihrem Standbericht von 2015 fordert die Stiftung zwei ganzjährige Standplätze plus vier Durchgangsplätze. Auch Mike Siegrist geht davon aus, dass im Kanton Luzem mindestens ein bis zwei Plätze erstellt werden sollen. Obschon es «keine übergeordneten oder rechtlichen Vorgaben zur genauen Anzahl der erforderlichen Stand- und Durchgangsplätze» gebe. Fahrende sollen in Suche einbezogen werden Übergangslösungen wie in Rothenburg haben laut Röthlisberger nicht nur gute Seiten: «Es ist zwar besser, eine befristete Lösung zu haben als gar keine. Aber Zwischennutzungen sind immer mit hohem Aufwand verbunden.» Auch für die Jenischen und Sinti seien solche Plätze lediglich «Lebensräume auf Zeit» und ihre Zukunft bleibe ungewiss. «Deshalb streben wir dauerhafte Lösungen an, die auch raumplanerisch langfristig akzeptiert werden können.» Er verweist auch darauf, dass es wichtig sei, die Nutzenden direkt in die Suche nach neuen Plätzen miteinzubeziehen: «Wenn man die Fahrenden von Beginn an einbindet, können sie ihre Ansichten einbringen. So wird in vielen Fällen schon viel eher klar, ob sich ein Ort als Durchgangs- oder Standplatz eignet.» Es mache keinen Sinn, einen Platz zu schaffen, der schlussendlich gar nicht genutzt werde - etwa, weil er an einem ungünstigen Standort liegt.Dessen ist sich auch Mike Siegrist bewusst: «Ein Platz muss diverse Voraussetzungen erfüllen. Dazu gehören die planungsund baurechtliche Zulässigkeit, eine geeignete und ebene Fläche, eine geeignete Zufahrt, Wasserver- und entsorgung, der Stromanschluss, die Abfallentsorgung sowie ein geregelter Betrieb auf dem Platz inklusive An- und Abmeldung bei den Behörden.» Der dauerhafte Platz im Ibach bietet Platz für ungefähr zehn Wohnwagen. Der provisorische in Rothenburg hat 20 Abstellplätze. 60 000 Franken für das Provisorium Im Jahr 2017 hat die Dienststelle Immobilien knapp 60000 Franken für das Provisorium in Rothenburg aufgewendet.Für das Jahr 2018 werde sich der Aufwand aufgrund eines geringeren Infrastrukturaufwandes deutlich reduzieren, so Siegrist. Die Aufenthaltsgebühren -15 Franken pro Wohnwagen und Nacht - gehen an die Standortgemeinde Rothenburg. Im vergangenen Jahr beliefen sich diese Einnahmen auf rund 15000 Franken. Damit werden die Aufwendungen der Gemeinde abgedeckt. Gemäss Siegrist gibt es im Kanton Luzern nebst den offiziellen Plätzen auch immer wieder sogenannte Spontanplätze: «Es kommt immer wieder vor, dass Landwirte ihr Land für Spontanhalte den Fahrenden zur Verfügung stellen.» Dies sei gemäss dem Planungs- und Baugesetz legitim. Dort heisst es, dass der Landwirt für maximal 30 Tage ohne Bewilligung Platz für Fahrende anbieten kann. Diese Möglichkeit macht sich derzeit wie anfangs erwähnt ein Landwirt auf dem Littauerberg zu Nutze. Er sichere sich damit einen kleinen Nebenverdienst, meint er, der seinen Namen nicht öffentlich bekanntgeben will. Bisher habe er auch keinerlei negative Erfahrungen gemacht, obwohl natürlich der «eine oder andere Nachbar» schon reklamiert hätte.Mit dem Unverständnis einiger Anwohner gegenüber seinem Angebot an die Fahrenden habe er im Voraus jedoch nicht gerechnet. So habe es einige kritische Reaktionen gegeben.Luzerner Zeitung, 15. Mai 2018, Chiara Stäheli; chiara.staeheli@luzernerzeitung.ch