1981 hat die Schweiz die administrative Versorgung abgeschafft - auf Druck der Europäischen Menschenrechtskonvention. Die zuvor getroffenen fürsorgerischen Zwangsmassnahmen gegenüber Jugendlichen und Erwachsenen sowie die Fremdplatzierung von Kindern und Jugendlichen sind ein dunkles Kapitel der schweizerischen Sozialgeschichte.
Aargauer Zeitung, 29.7.2019
Die Schicksale von rund 650 jenischen Kindern gehören dazu. Mit Unterstützung der Behörden entriss die Stiftung Pro Juventute die Kinder ihren Eltern und steckte sie in Erziehungsheime, Arbeitsanstalten, psychiatrische Kliniken, Gefängnisse oder brachte sie in Pflegefamilien unter. Die «Vagantenkinder» sollten zu «brauchbaren Gliedern der Gesellschaft» erzogen werden.
Uschi Waser, Präsidentin der Stiftung Naschet-Jenische, kämpft seit 35 Jahren für die Rehabilitierung der «Kinder der Landstrasse». Die Öffentlichkeit wurde jedoch erst so richtig auf die Tragödie aufmerksam, als der «Beobachter» im Jahr 1972 einen Beitrag publizierte, der sich kritisch mit den Kindswegnahmen in jenischen Kreisen auseinandersetzte. Ein Jahr später musste die Pro Juventute auf öffentlichen Druck das «Hilfswerk» schliessen. 1986 beschloss das Parlament, eine umfassende Untersuchung der Geschehnisse durchzuführen. 1998 publizierte der Bund eine Studie über das «Hilfswerk für die Kinder der Landstrasse».
2014 hat der Bundesrat eine Unabhängige Expertenkommission (UEK) eingesetzt, mit dem Ziel, die Aufarbeitung der administrativen Versorgung in der Schweiz bis 1981 aufzuklären. Anfang September überreicht die UEK nun dem Bundesrat den Schlussbericht. Bei den «Runden-Tisch-Gesprächen» war Uschi Waser mit dabei. Sie weiss jedoch schon jetzt, dass ein wichtiges Thema auf der Strecke bleiben wird. «Häufig wurden administrativ versorgte Menschen sexuell missbraucht.
Auch in diesem Bereich erwarten wir eine umfassende Aufarbeitung. Der sexuelle Missbrauch gehört ebenfalls auf den Tisch.» Waser bedauert, dass bisher nichts dergleichen passiert ist. Auch auf andern Wegen hat sie Vorstösse gemacht, Politikerinnen und Politiker direkt angeschrieben. Erfolglos.
Das hat Waser schwer enttäuscht. «Ich hätte erwartet, dass gerade eine UEK sich entschieden dieser Thematik annehmen würde.» Nun hegt sie wieder eine leise Hoffnung. «In der zweiten Ausschreibung der Nationalen Forschungsprogramme (NFP) 76